Verletzlichkeit leben

Verletzlichkeit ist das Gefühl, das jeder am liebsten vermeiden möchte. Es ist das Gefühl, dass sehr unangenehm sein kann und mit einem tiefen Schmerz verbunden ist. Wer will das schon?

Niemand.

In unserer Leistungsgesellschaft gelten Gefühle nicht sehr viel. Leistung und Arbeit sind wichtig, krank sein ist eine Schwäche und Schwäche wird ausgenutzt. Trauer wird verheimlicht, Wut unterdrückt. Wird einmal jemand wütend, gilt er gleich als gefährlich und aggresiv und hat sich nicht unter Kontrolle.

Gute Laune, positives Denken und Optimismus sind die Trendsetter unserer Zeit. Regelmäßige Gedankenhygiene soll das Heil versprechen. Tägliche Affirmationen, aufgesagt Mantra gleich, versprechen die Heilung von allen Problemen.

Ständiges Lächeln, so sagen die Studien, schütten Endorphine aus und versetzen einen in gute Laune.

Was ist die Folge aus all dem? Wir werden zu Robotern. Ich drücke negative Gefühle weg, mache mir vor ich wäre glücklich und lüge mir dadurch selbst etwas in die Tasche. Wenn ich dann gefragt werde: Wie geht es dir? Ist die schnelle Antwort: Gut! Eine Antwort die nicht wirklich etwas aussagt. Sie befriedigt des anderen Höflichkeit und sagt nichts aus über das was wirklich in mir vorgeht. Die Oberflächlichkeit wird gewahrt. Die Folge: Ein nur halb gelebtes Leben.

Aber wirklich zu leben bedeutet in meine Gefühlswelt einzutauchen sich ALLEM zu öffnen. Sowohl den guten wie auch den negativen Gefühlen. Wenn ich wirklich herzlich lachen will, die Freude am Leben spüren und Liebe, Glück und Dankbarkeit in seiner ganzen Fülle ERLEBEN will, muss ich auch alles andere zulassen. Die Traurigkeit, die Aggression, die Verletzlichkeit. Lebendigkeit kann nur in beidem erfahren werden, denn auch in der Wut bin ich lebendig. Diese Lebendigkeit darf, nein muss, die Verletzlichkeit zulassen, denn wenn ich diese verdränge, verdränge ich gleichzeitig all  die belebenden Gefühle auch.

Ich kann nicht das Eine ohne das Andere haben.

Also wenn du eintauchen willst in die ganze Bandbreite an Gefühlen, die das Leben zu bieten hat: Ekstase, Glück, Freude, Lebendigkeit, dann musst du dich auch deiner unterdrückten Wut, deinem Schmerz und deiner Trauer stellen.

Denn sie sind der Schlüssel zu einem GANZ  gelebten Leben.

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